Montag, 26. Oktober 2009

Postgenomik: Die Wissenschaften vom Gen erleben ihre Postmoderne

Obwohl Staffan Müller-Wille und Jörg Rheinberger in ihrem Essay über Das Jahrhundert des Gens eine grundlegende wissenschaftshistorische Kritik am Großkonzept der Biologie unternehmen, wollen sie dennoch nicht gelten lassen, dass es zu irgendeinem

Zeitpunkt eine einfache und allseits akzeptierte Definition des Gens gegeben, und schon gar keine simplifizierend-reduktionistische, die den Genetikern und Molekularbiologen des 20. Jh. von den eifrigsten Verfechtern eines grundsätzlichen Neuanfangs in den Lebenswissenschaften gern unterstellt wird. Vielmehr befand sich der Begriff des Gens - und das ist durchaus typisch für einen historisch einflussreichen wissenschaftlichen Terminus - immer 'im Fluss'.

Das Gen wurde zum epistemischen Objekt, das sich damit Zug um Zug einer instrumentell vermittelten, experimentellen Handhabung erschloss. Vor allem aber blieb die Genetik als biologische Leitdisziplin nicht auf ihren Wissensraum beschränkt. Konzepte wie Genotyp und Phänotyp streuten in andere Disziplinen und beeinflussten so das Denken über das Lebendige. Im Umkehrschluss veränderten biophysikalische und biochemische Techniken (Molekularbiologie) die Materialität des Gens und schufen einen neuen Diskurs. Die neue Zentralmetapher lautete: Information.

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