Samstag, 12. Mai 2007

zion ist simulation

ein gedanke kam mir noch zu unserer matrix-debatte. ich hatte mich ja ein bisschen daran gestört, dass mir die unterscheidung zwischen (wüstenhafter) realität und (zuckersüßer) matrix/simuation so eindeutig und ungebrochen schien – der punkt ja auch, an dem sich baudrillard von dem film missverstanden fühlte.

nun ist mir aber klar geworden, dass das doch komplexer angelegt ist – und zwar erst in dem moment, wo im zweiten teil die rolle des auserwählten geklärt wird. der witz ist nämlich der: auch zion, hort und rückzugspunkt des realen, ist nur ein simuliertes. schlicht und einfach deshalb, weil auch diese bastion der realität bereits fünfmal aufgebaut, verteidigt, verloren und zerstört wurde.
die rolle zions besteht nur darin, einen ort zu schaffen, an den diejenigen ausgelagert werden können, die die welt der matrix nicht (ganz) annehmen, diesen "unverbesserlichen" eine leicht kontrollierbare richtung zu geben. dass zion nicht in der matrix liegt, ändert also nichts an seinem virtuellen charakter, seiner künstlichkeit: hyperreal

ein "reales" (also die wüste des realen) im sinne eines "nicht gemachten" aber scheint es in diesem sinne wirklich nicht zu geben.

3 Kommentare:

fermate hat gesagt…

Gutes Argument, dem ich nur beipflichten kann. Ist damit nicht auch die Frage beantwortet, warum Neo die Maschinen in der Wüste des Realen stoppen konnte - ich denke schon.

Wenn sich meine Gedanken jetzt nicht verknotet haben, heißt dies doch aber auch, dass es den Krieg zwischen Menschen und Maschinen nicht gab. Worauf lässt sich dann die KI zurückführen, bzw. was ist ihr "Großer Anderer"? Angenommen, die Wüste des Realen wäre real; es ließe sich ja alles auf die große Erzählung vom Kampf Mensch gegen Maschine zurückführen und die KI stünde an der Spitze einer Evolution. Wenn jedoch die Wüste des Realen gemacht ist - wer war der Baumeister vom Dienst?

Die Quintessenz des Films wäre dann, dass wir keinen Zugriff auf Realität haben - ohne in Abrede zu stellen, dass es sowas wie Realität nicht geben könnte.

telemat hat gesagt…

nun, es mag durchaus einen "großen anderen" gegeben haben – nur ist zion nicht sein ort, noch sein überbleibsel. ich würde es so sehen: die menschen haben die ki geschaffen, die ki hat die menschen besiegt und vernichtet - soweit alles klar und hübsch getrennt.

nur ist nun zion eben nicht die letzte bastion der menschheit, die noch gegen die ki kämpft, sondern ein von der ki errichteter kontrollmechanismus. der sich durchaus in der "wirklichen welt" befindet, der aber dennoch/zugleich gemacht ist. das heißt nicht, dass die wüste des realen eine weitere matrix ist, aber es heißt, dass das reale dem paradigma der künstlichkeit verfallen ist.

ein unhintergehbares reales, darin hast du ganz recht, macht matrix insofern unzugänglich. oder anders: real ist die welt der maschinen und die wüste des realen - aber beides ist dennoch gemacht.

telemat hat gesagt…

gerade fällt mir noch etwas auf: baudrillard geht ja in dem interview selbst auf genau diesen punkt ein: "Und ihr, ihr Widerständler, ihr gehört dazu. Damit befindet man sich anscheinend in einem totalen virtuellen Kreislauf, bei dem es kein Außen gibt."

das ist doch genau baudrillards these von der hyperrealität - worin zum geier fühlt er sich dann bitte missverstanden? bloße koketterie?